2020 Ergotherapie

2020 Ergotherapie

In unseren früheren Beiträgen haben wir unsere Ergotherapeutinnen vorgestellt. Nun haben wir Robyn Meissner gebeten, uns die Grundsätze der eigentlichen Ergotherapie näherzubringen.

Die Kinder werden hauptsächlich von Ärzten und Krankenschwestern in den Township-Kliniken an uns überwiesen. Grund dafür sind Entwicklungsdefizite, oder wenn Betreuer und Lehrer über Probleme beim Schreiben und Lernen besorgt sind oder wenn sie bereits diagnostizierte angeborene oder neurologische Störungen haben. Ergotherapeuten sind so ausgebildet, dass sie sehen können, welche Defizite vorliegen, z. B. Verzögerungen beim Sitzen und Gehen, Verhaltensprobleme, falsches Scheiben oder auch das falsche Halten eines Stiftes.

Zunächst wird die Entwicklung des Kindes grundsätzlich beurteilt, um herauszufinden, wo die Schwierigkeiten und Probleme liegen. Es wird der aktuellen Entwicklungsstand des Kindes festgestellt, um eine Vergleichsbasis nach der Therapie zu haben.

Die Therapie besteht darin, das Spielen zu praktizieren/üben/lehren und zur Verbesserung der Entwicklungsdefizite -verzögerungen einzusetzen. Wir versuchen, die Eltern/Betreuer der Kinder so weit wie möglich in die Therapiesitzungen einzubeziehen. Wir geben ihnen Ideen und Unterstützung, wie sie ihren Kindern im Alltag helfen könne. Die Therapiesitzungen finden in der Klinik statt, in der das Kind seinen Arzt aufsucht, und zwar am selben Tag an dem die Arzt- und Medikationstermine sind. Die Therapie wird solange fortgesetzt bis die Probleme gelöst sind und die Kinder Vertrauen in ihre Fähigkeiten aufgebaut bzw. stabilisiert haben.

Eine frühzeitige Intervention ist immer das Beste für das Kind! Wenn die Therapie verzögert wird, sind die Verzögerungen und Defizite der Kinder oft schwieriger zu lösen und könnten andere Probleme verursachen.

Dabei fällt mir eine Patientin ein, die ich betreut habe:

Ein kleines Mädchen wurde an mich überwiesen, sie war 2 Jahre und 8 Monate alt. Sie wurde einen Monat zu früh geboren, wog bei der Geburt 1,62 kg und wurde nach der Geburt positiv auf HIV getestet. Leider nahm ihre Familie nicht an den Nachsorgeterminen teil und gaben ihr nicht die verordneten Medikamente. Die Familien lebt unter sehr schwierigen Bedingungen. Das Mädchen erkrankte an Lungentuberkulose und litt an extremer Unterernährung.

Nach meinem ersten Assessment war das Mädchen auf dem Stand einer Einjährigen - sie konnte noch nicht laufen oder sprechen; sie zeigte eine Entwicklungsverzögerung von etwa 18 Monaten in allen Bereichen. Das kleine Mädchen war auch extrem traumatisiert und weinte während ihres gesamten Klinikaufenthaltes, sie ließ mich nicht in ihre Nähe kommen, nicht einmal, um ihr ein Spielzeug zu geben.

Glücklicherweise konnte ich ihren Eltern zeigen, wie sie die Entwicklung ihrer Tochter zu Hause fördern können, ohne Spielzeug kaufen zu müssen. Wir gingen sehr behutsam mit ihr um; ich musste ihr Vertrauen gewinnen, um mit ihr arbeiten zu können. Schließlich hörte sie auf zu weinen und fing an, in den Therapiesitzungen mehr zu spielen. Das war ein großer Schritt und zeigte mir, dass ihre Eltern zu Hause mit ihr spielten, und zwar auf der Grundlage der gegebenen Anleitung.

Sie begann 4 Monate, nachdem ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, zu laufen. Sie hatte auch gleichzeitig mit der Sprachtherapie begonnen, was ihr erheblich geholfen hat ihre Kommunikationsfähigkeit zu verbessern. Sie ist jetzt 5 Jahre alt, ich sehe sie immer noch zu monatlichen Sitzungen - sie hat sich weiter verbessert. Leider glauben wir, dass sie in einigen Entwicklungsbereichen immer hinter ihrer Altersgruppe zurückbleiben wird. Weitere Spezialisten helfen ihr und leisten angemessene Unterstützung, um die Defizite und Verzögerungen so gering wie möglich zu halten. Ihre Eltern verstehen ihren Gesundheitszustand nun auch besser und haben sich verpflichtet, sich um sie zu kümmern.

Die Geschichte dieses kleinen Mädchens zeigt:

  • die große Bedeutung der Stimulation zu Hause für die Entwicklung eines Kindes und welchen Unterschied es macht, wenn die Eltern/Betreuer ihre Verantwortung gegenüber ihren Kindern kennen und auch wahrnehmen.
  • Dies ist auch ein großartiges Beispiel für das multidisziplinäre Team, das sich für eine ganzheitliche Betreuung einsetzt, um das Leben eines Kindes (und seiner Familie) zu retten und zu verbessern - ohne die Beratung durch die HOPE Cape Town Gesundheitsarbeiter, die ärztliche Betreuung, die Ernährungsberatung und die Intervention der Ergo- und Sprachtherapeuten wäre das kleine Mädchen in ihrer Entwicklung nicht dort, wo sie heute ist.

 

2020 HOPE Cape Town – Ergotherapeutin Robyn Meissner

2020 HOPE Cape Town – Ergotherapeutin Robyn Meissner

Vom 16. – 20. September 2020 wird die Woche der Ergotherapie in Südafrika begangen. Diese, sich jährlich wiederholende Woche ist allen südafrikanischen Ergotherapeuten gewidmet und soll auf die Bedeutung der Ergotherapie hinweisen.  Kindern und auch Erwachsenen kann durch die Ergotherapie geholfen werden, ihr volles Potenzial zu entfalten.

Auch HOPE Cape Town legt in dieser Woche den Fokus auf die Ergotherapie. Wir werden dazu verschiedene Interviews durchführen, um ein besseres Verständnis und einen Einblick in die Arbeit der Ergotherapeuten zu bekommen.

Zum Auftakt haben wir uns mit Robyn Meissner, Ergotherapeutin bei HOPE Cape Town unterhalten.

Robyn Meissner studierte an der Universität von Kapstadt (UCT), wo sie 2009 ihren Bachelor und 2016 ihren Master erfolgreich abschloss. Danach absolvierte sie ihr soziales Jahr in einem kleinen ländlichen Krankenhaus in Greytown, KwaZulu-Natal. Seit 2011 arbeitete sie in verschiedenen Township-Kliniken rund um Kapstadt. Ihr Hauptaugenmerk lag hierbei auf  Kindern, die HIV-infiziert sind oder auch davon betroffen sind.

1. Was ist Ergotherapie?

Ergotherapie konzentriert sich auf Handlungen, die wir jeden Tag benötigen und erledigen.  Diese Handlungen ausführen zu können, trägt zu unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden bei. Bei Kindern liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen der grundlegenden Fähigkeiten, um mit zunehmendem Alter unabhängig zu werden. Im Leben geschehen oft Dinge, sei es durch Krankheit, familiäre oder äußere Umstände, die unsere Fähigkeiten beeinträchtigen. Ergotherapie kann hier helfen, diese Dinge wieder oder neu zu erlernen.  Bei Kindern wird spielerisches Lernen eingesetzt, um sie auf die Schule vorzubereiten und ihnen zu zeigen, wie sie andere alltägliche Dinge selbständig erledigen können.

Nicht viele Menschen wissen, dass HIV auch Auswirkungen auf die neurologische Entwicklung von Kindern haben kann. Es können Entwicklungsverzögerungen, neurologische Störungen, die den Muskeltonus beeinträchtigen und Lernschwächen auftreten. Es ist wichtig, dass die Eltern der Kinder auf diese Auswirkungen frühzeitig hingewiesen werden, so dass man so früh wie möglich mit einer Ergotherapie beginnen kann.

2. Wie wird Ergotherapie angewandt und wo findet sie statt?

HOPE Cape Town bietet Ergotherapie in Township-Kliniken and, die eine Kinderabteilung für Infektionskrankheiten haben. Robyn arbeitet dort dann mit den Eltern und den Kindern und benutzt dazu u. a. das GOKidz-Programm, bei dem die Eltern zu Hause bestimmte Spiele mit den Kindern durchführen, um die Kinder zu stimulieren und um Entwicklungsverzögerungen zu verbessern.

Außerdem bietet HOPE Cape Town auch für die Kinder, die an der pädagogischen Spielgruppe in Blikkiesdorp teilnehmen, Ergotherapie an. Hier wird zunächst der Entwicklungstand der Kinder eingeschätzt und dann wird gezielt mit den Kindern gearbeitet, entweder in der Gruppe oder auch in Einzeltherapie. Das Ziel hierbei ist, die Kinder so gut wie möglich auf die Schule vorzubereiten.

Außerdem arbeitet Robyn auch im Tygerberg Hospital, in der neurologischen Kinderabteilung. Sie hilft dort bei der Beurteilung des Entwicklungsstandes von Kindern und verkürzt damit die lange Wartezeit auf einen Termin.

3. Robyn, ist Ergotherapie das, was Du schon immer machen wolltest?

Ich wusste schon immer, dass ich gern im Bereich Gesundheit/Medizin arbeiten wollte. Ich finde, dass Ergotherapie die perfekte Balance zwischen Wissenschaft und Kreativität ist.

4. Was ist ein typischer Arbeitstag für Dich?

Ein typischer Tag besteht für mich darin, morgens mit den Kindern und ihren Eltern in verschiedenen Township-Kliniken oder auch in Blikkiesdorp zu arbeiten; ich zeige den Eltern, wie sie die Entwicklungsdefizite ihrer Kinder spielerisch verbessern können. Nachmittags plane ich die nächsten Therapiesitzungen und konsultiere anderen Fachleute, die ebenfalls mit dem Kind arbeiten (Ärzte, Lehrer, Sozialarbeiter, Sprach- und andere Therapeuten).

5.  Was sind die größten Herausforderungen bei Deiner Arbeit?

Viele Kinder werden in Familien hinein geboren, die unter sehr schwierigen Umständen leben und die Kinder können so gar nichts dafür. Keine Kontrolle darüber zu haben, wie viele Kinder aufwachsen, macht es sehr schwer für mich; zu viele Kinder benötigen Ergotherapie und nur einige kommen in den Genuss davon.

6. Was sind die schönsten Momente bei Deiner Arbeit?

Zu sehen, wie sich Kinder und Familien auf unterschiedlichste Art und Weise über ihre schwierigen Umstände hinwegsetzen. Jedes Lächeln oder Lachen von einem Kind, das zum ersten Mal etwas Neues erreicht hat, zeigt mir immer wieder, warum ich diese Arbeit so liebe.

#OTweek2020 #OTASA

 

2020 15. HOPE-Gala in Kreuzkirche verlegt

2020 15. HOPE-Gala in Kreuzkirche verlegt

Die HOPE-Gala in Dresden hat in den letzten 15 Jahren rund 1,7 Millionen Euro an Spenden für Kinder in Südafrika gesammelt, um dort die Gesundheitsbedingungen zu verbessern und HIV einzudämmen. Eigentlich sollte das 15-jährige Jubiläum mit einem umfangreichen Fest gefeiert werden, aber aufgrund der Corona-Abstandsregeln könnten im Schauspielhaus Dresden nur 250 Plätze besetzt werden.

Nun soll anstelle der Gala ein Jubiläumskonzert mit zahlreichen regionalen Künstlern in der Dresdner Kreuzkirche stattfinden. Unter Einhaltung der Abstandsregeln dürfen dort über 800 Personen Platz nehmen.

Initiatorin Viola Klein will diese Spendenveranstaltung sowie drei weitere Charity-Dinner unbedingt durchführen, da die Unterstützung aktuell äußerst notwendig ist.

Viele Südafrikaner verdienen ihren Unterhalt als Tagelöhner. Aufgrund der coronabedingten Ausgangssperren fallen diese Einnahmequellen weg. Somit ist auch kein Geld übrig, um einzukaufen und Kinder mit Nahrung zu versorgen. HOPE Cape Town betreute Mütter und Heranwachsende bisher hauptsächlich medizinisch, doch in der neuen Situation ist mehr gefragt.

Mit den Schließungen von zahlreichen Suppenküchen vor Ort wurde für viele Menschen der Hunger ein ständiger Begleiter. Schnell wurden aus den knapp 50 hungrigen Kindern über 1000 pro Tag. Viele Kinder in Townships sterben an den Folgen von Unterernährung. Mit den Spendengeldern versucht HOPE Cape Town diese Notsituation zu bekämpfen.